Überwindung von Komfortzonen

Es fängt damit an, daß mich Menschen bitten Ihnen und Ihrem Pferd zu helfen, aber nicht präzise definieren können, um was es denn genau geht.

Mensch und Pferd zeigen dann ein wenig aus ihrer Arbeit. Häufig bitte ich darum, doch noch etwas mehr zu machen oder etwas schneller oder deutlicher und dynamischer ... und dann passiert es: Pferd springt völlig entsetzt und erbost umher und zeigt deutlich: das gefällt mir nicht.

 

Sehr viele Pferde explodieren geradezu, wenn von ihnen mehr verlangt wird, als sie gerade selber anbieten, dh., wenn die vom Pferd selbst gesetzte (und vom Menschen oft unterstützte) Komfortzone verlassen wird und die (psychische) Belastung steigt.

 

In den folgenden Überlegungen liegt die Analyse aber auch die Lösung dieses kommunikativen Problems zwischen Mensch und Pferd.


- Den individuellen Komfortzonen liegen Bewältigungskonzepte zugrunde, die  sich in der Lebenswirklichkeit, im Alltag bewährt haben.
- Es besteht bei den Pferden ein immenses Beharrungsvermögen auf dem Bewährten – als Fluchttiere haben sie damit eine erfolgreiche Überlebenstrategie entwickelt.
- Es gilt also, bisherige Bewältigungskonzepte aufzuweichen und belastungsfreudiger zu gestalten.
- Veränderungen von als bewährt wahrgenommenen Bewältigungskonzepten oder Bewältigungsstrategien machen per se Angst.
- Die Überwindung dieser Angst kann über Verlockung und oder Erfahrung erfolgen.
- Wir müssen den Pferden also Erfahrungen verschaffen, die ihr bisheriges Bewältigungskonzept erweitern. Erfahrungen verschaffen können wir über das Prinzip „Druck – nachgeben – positive Antwort“, also die operante Konditionierung. Unterstützend können dabei Verlockungen wirken (Lob, Leckerli u. Futter, absehbares Ende des Trainings usw.).
- Das Pferd ist kein kleiner Teufel, sondern ein hochenergetisches Wesen, welches Bedürfnisse ausdrückt. Es gilt die individuellen Stärken zu sehen und über die Förderung dieser eine positive Grundhaltung zu mentalen Belastungen zu schaffen.
- Strategie kann also sein, nicht das unerwünschte Verhalten des Pferdes direkt abstellen zu wollen, sondern besondere Fähigkeiten auszubauen und über die damit verbundenen positiven Erfahrungen die Belastungsfreude des Pferdes zu steigern.
- Hier ist die Wahrnehmung des Menschen gefragt, welches sind denn die tatsächlichen Stärken meines Pferdes? Nicht die, die der Mensch sich wünscht, sondern die tatsächlichen. 
- Zur Wahrnehmung gehört auch die Fähigkeit, die Situation aus der Perspektive des Pferdes zu sehen und damit Verständnis für den vermeintlichen Störenfried zu entwickeln.
- Basis für alles ist die positive Grundhaltung des Menschen, des Trainers. Um die aktuellen mentalen Belastungsgrenzen zu erweitern sind ein pferdegerechter Führungsstil, Verlässlichkeit und positive Konsequenz unerlässlich. Dazu kommen Geduld und Ausdauer, sowie die Fähigkeit des Menschen, trotz eigener hoher Anspannung schon den Ansatz von Kämpfen unbedingt zu vermeiden.
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Kommentare: 1
  • #1

    Sylvia Frevert (Sonntag, 29 Mai 2016 10:49)

    Lieber Frank (und Cheyenne).
    Ein sehr interessanter Artikel. Der Aspekt der "erprobten Verhaltensweisen" ist ein Ansatz, den ich so noch nicht gesehen habe. Welches sind die Stärken meines Pferdes?
    Was ich in diesem Zusammenhang auch interessant fand, war eine Gegenüberstellung in der Zeitung "Natural Horse" von Clickertraining (ausschließlich positive Verstärkung - daraus folgend Freiwilligkeit) zum klassischen Horsemanship (das so dargestellt wurde: ich mache Dir Druck, Dich mit gefürchteten Dingen zu beschäftigen, bis Du aufgibst - Fazit des Artikels: Pferd gibt aufgibt, keine Freiwilligkeit). Ich finde, man muss von Pferd zu Pferd entscheiden.
    Liebe Grüße von
    Sylvia
    P.S: Ich würde Dich/Euch gern mal wieder besuchen. Im Juni möchte ich einige Tage frei machen und Richtung Norden fahren. Vielleicht klappt es ja.