Pferden ergeht es wie Hunden und Nutztieren

von Astrid Ebenhoch, Mai 2015

Journalistin und Gründerin von Hounds & People

 

Die Pferdehaltung ist in Deutschland nicht viel besser als die Hundehaltung oder die Haltung von Nutztieren. Pferde sind soziale intelligente Säugetiere, Herdentiere, die Sozialkontakte zu anderen Pferden und freien Auslauf auf der Koppel benötigen.

 

Die Realität der Pferdehaltung ist eher grausam. Entweder werden Pferde gezüchtet, um für viel Geld auf Auktionen verkauft zu werden, mit ihnen weiter zu züchten, mit ihnen an Turnieren teilzunehmen oder sie werden wie Nutztiere gehalten. Stehen ein Leben lang in Ställen herum, um am Wochenende als Freizeitpferd für eine Stunde in der Halle im Kreis zu laufen oder im Schulbetrieb zu gehen, wo ihnen von unerfahrenen Reitern mit den Zügeln im Maul herumgerissen wird. Was den Schülern als “am Zügel gehen”, beigebracht wird.


Bei den Reitpferdeauktionen der Zuchtverbände werden Pferde zu einem Durchschnittspreis von ca. 22.000 € verkauft.  Im Freizeitbereich konkurrieren Deutsche Großpferde mit fast allen für diese Nutzung angebotenen Pferden – also mit dem Großpferd ohne Papiere aus Polen oder dem Baltikum, oder mit gutmütigen Ponys und Kleinpferden.


Die meisten Schulpferde sind gebrochen, haben aufgegeben und landen, wenn sie krank werden, beim Abdecker oder Schlachter. Wenige Pferde haben das Glück als Freizeitpferd, gleich wie viel sie wert sind, geliebt zu werden, ein artgemässes Leben auf der Koppel zu verbringen, von ihren Besitzern regelmäßig ausgeritten zu werden und ihr natürliches Alter von 25 Jahren zu erreichen.


Im Jahr 2011 wurden laut Bundesministerum für Ernährung und Landwirtschaft auf 3.594 Turnierveranstaltungen 67.750 Prüfungen mit 1.459.828 Starts ausgetragen. Dabei wurden Geldpreise in Höhe von 30.984.265 Euro ausgezahlt.


Wohlhabende Hobbyreiter kaufen sich ein Pferd, wie einen Bio-Porsche, um in ihrer Freizeit zu reiten, an Turnieren teilzunehmen und mit ihrem Statussymbol, Pokale zu gewinnen.  Wie es den Pferden dabei geht, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass das Pferd funktioniert, um den Ehrgeiz der Besitzer zu befriedigen. Mit allen Mitteln. Junge Pferde im Alter von drei Jahren werden von Gestüten oder auf Auktionen für 20.000 und mehr Euro gekauft, die vorher ein artgemässes Leben auf der Koppel mit anderen Pferden hatten. Um anschließend in eine Box in einem Reitstall, ohne Koppel oder Kontakt zu anderen Pferden gesperrt zu werden, den man bequem und schnell mit dem Auto erreichen kann.


Wenn die jungen Pferden anschließend in den Boxen ohne Auslauf und Sozialkontakte randalieren, wird ihnen zur Beschäftigung, ähnlich wie bei Schweinen in der Mast, ein Spielzeug gehängt, mit dem es sich beschäftigen sollen. Auf die Idee, dass das Pferd unter der reizarmen und nicht artgemässen Haltung leidet, kommen solche Besitzer nicht. Die schlimmsten Verhaltensauffälligkeiten die durch eine solche Haltung entstehen können, ist das Weben. Eine stereotype Bewegung, die oft auch bei Wildtieren im Zoo oder Zirkus zu sehen ist. Die Tiere bewegen ihren Kopf monoton hin und her, oder zeigen ein starkes Kauen oder Ankauen von Holz oder anderen Gegenständen wie dies auch Prof. Dr. Paul McGreevy beschreibt. Viele Pferde stehen oft die ganze Woche in den Ställen, um am Wochenende für ein paar Runden in der Halle bewegt zu werden. Mit einem Pferd, das buckelt, weil es sich freut endlich raus zu kommen, oder wegen der reizarmen Haltung im Gelände anschließend scheut und verweigert, reiten solche Pferdebesitzer nicht gerne aus. Also bleibt das Pferd entweder im Stall stehen oder das Verhalten der Pferde wird, als vorsätzlich störrisch oder bockig interpretiert und die Tiere anschließend gefügig gemacht.


Damit ein Pferd die Erwartungen erfüllt, muss dieses so schnell als möglich das können, wofür investiert wurde und zu einem Bereiter gegeben. Im Bereich des “Luxusberittes” ist die Preisskala der Berittpreise nach oben hin offen und letztlich vom Ruf des Ausbilders abhängig. Mit den gekauften Zuchtpferden die im Pferdesport genutzt werden, können bemerkenswerte Einnahmen erzielt werden. Für die Anschaffung eines ausgebildeten Sportpferdes werden Preise in fünf- bis sechsstelliger Höhe bezahlt.


Der Bereiter soll nun dem Pferd beibringen, reibungslos, wie eine seelenlose Maschine zu funktionieren, um anschließend an Turnieren teilzunehmen oder als Sportpferd zu verkaufen. Damit ein Pferd, wie auch Hunde, funktionieren, werden sie bis heute seelisch, wie körperlich, gebrochen und misshandelt.

Die Ausbildungsmethoden sind die gleichen. Das Tier kann sich gegen die Gewalt des Menschen nicht wehren, gibt auf und “funktioniert”, selbst unter Schmerzen und Qualen. Eigentlich gibt es zu den armen dressierten Tieren im Zirkus keinen Unterschied. Pferde, oder Hunde, die sich gegen eine solche Behandlung wehren oder verweigern, haben keine Chance. Ihr Verhalten wird entweder als “schwieriger Charakter”,  ”nicht erzogen”,  ”verhaltensauffällig” oder “dominant” fehlinterpretiert. Die Tiere werden abgestempelt, vorverurteilt und meist lebenslang, wie bei Hunden, in Tierheimen weggesperrt. Pferde die nicht mehr “funktionieren” landen beim Abdecker oder als Nutztier beim Schlachter.


Was bei Pferden stattfindet, findet auch bei Hunden statt.  Nur ein Hund der auf Kommando “Sitz” macht, “Pfote” gibt, “perfekt” und stumm funktioniert, ist ein “guter” und braver Hund. Eigene Bedürfnisse oder eigener Wille und eigene Entscheidungen, sind unerwünscht. Von klein an werden auch Pferde mit allem Mitteln dressiert, um bei Wettbewerben mit übertrieben gebeugtem Kopf, so “am Zügel” zu gehen, dass das Pferd mit seinem Maul fast die Brust berührt. Diese Methode nennt man heute LDR, Rollkuhr, Hyperflexion, “of the neck” und ist eine „Überdehnung des Halses“, die bis heute vor allem von Dressurreitern, aber auch Springreitern eingesetzt wird, um die Pferde gefügig zu machen. Das eine solche Kopfhaltung für das Pferd absolut unnatürlich ist, nachdem das Pferd nur auf den Boden sehen kann und bewirkt, dass das Pferd absolut hilflos ist und hierdurch auch krank wird, interessiert nicht. Tätsächlich geht es den Menschen die solche und ähnlichen Methoden anwenden, darum, Macht gegenüber das Tier auszuleben, es zu unterdrücken, hilflos und gefügig zu machen. Sämtliche Stress-Symptome der Tiere, wie starkes Schwitzen, schäumendes Maul, starkes Kauen am Gebiss, eine Ohrenstellung die Bände spricht, aufgerissene Augen, werden ignoriert oder zu Gunsten des Menschen, fehlinterpretiert – wie dies bei Hunden ebenfalls stattfindet.


Auch die Rollkuhr oder LDR, als “Erziehungsmethode” zur Unterdrückung der Pferde, ist eine Deutsche Erfindung, die bereits von Paul Schockemöhle eingesetzt wurde und anschließend, wie meist, einfach kritiklos von anderen Reitern übernommen und kopiert wurde. Ähnlich verhält es sich bei der erfundenen Dominanz-Theorie bei Hunden, bei der es ebenfalls um Machtausübtung und Unterdrückung des Menschen gegenüber dem Hund geht.

Die Gewalt beim Reiten, der Umgang mit Pferden und die Haltung hat Folgen. Welche, beschreibt Philip Karl durch LDR sehr genau. Wenn das Genick des Pferdes permanent durch die Zügel, über das Gebiss im Maul des Pferdes, gebeugt  wird, der Kopf so weit herunter gezogen und die Halswirbelsäule mit den Bändern so überdehnt wird, entstehen Drüsenschwellungen und eine um 50 % verringerte Luftzufuhr durch die Atmung. Eine solche Haltung ist ungefähr so, wie wenn ein Mensch permanent den Kopf einknicken, das Kinn auf die Brust drücken und damit gehen und laufen müsste. Durch die eingeschränkte Luftzufuhr erhöht sich die Herzfrequenz. Hierdurch entsteht eine Dauerbelastung für Herz, Kreislauf und Halsbwirbelsäule des Pferdes, die ebenfalls krank macht. “Nachdem der Pferdesport sehr wettbewerbsorientiert ist, wird alles von den Hobby-, Freizeitreitern und sogar den Lehrern kritiklos von den Profis kopiert”, so Philip Karl.


Bei Hunden findet eine solche Dressur ebenfalls statt und ist ebenso unnatürlich, tierschutzrelevant und krank machend. Wenn Hunde bei Wettbewerben, in bestimmten Hundeschulen und sogenannten Begleithundeprüfungen, ausschließlich auf der linken Seite, stur in Kniehöhe neben ihren Besitzern herlaufen und zu diesem permanent hoch sehen müssen. Der Hund ist in dieser Position ebenfalls hilflos, nachdem er nur nach oben zu seinem Besitzer sehen muss und nichts anderes mehr sehen kann. Fehler oder Verweigerung werden sofort bestraft. Viele dieser Hunde erkranken durch diese konstante und einseitige Körperhaltung, ebenfalls an Hals, Wirbelsäule und anderen Skeletterkrankungen. Zeigt der Hund nicht dieses Verhalten, weil er sich dagegen wehrt oder dieses verweigert, gilt der  Hund entweder als “unerzogen” oder es gibt Punkteabzug. Auch hier steht in erster Linie der Ehrgeiz des Menschen, der sich mit einem Statussymbol profilieren möchte, in Fordergrund und nicht das seelische und körperliche wohlergehen des Hundes oder Pferdes.


Viele Pferde werden seelisch und körperlich krank. Die Ursachen hierfür: eine tierschutzrelevante Haltung, ohne Auslauf, Kontakt zu Artgenossen, Reit-, und Dressurmethoden die Tierquälerei sind, werden ignoriert und bewusst übersehen.


Ein Pferd kann bei guter Haltung 30 Jahre alt werden. Die Nutzungsdauer eines Pferdes, das ab dem 3. Lebensjahr ausgebildet und geritten werden kann, liegt durchschnittlich bei 5,5 Jahren. Dies bedeutet, dass ein Pferd in Deutschland eine durchschnittliche Lebenserwartung von 8- 9 Jahren hat.


Ob ein Pferd zum Schlachter kommt oder eingeschläfert wird und in der Tierkörperbeseitigung landet, muss der Pferdebesitzer entscheiden, wenn ein Fohlen geboren wird. Innerhalb von einem halben Jahr muss entschieden werden ob in den Equidenpass, der 2004 von der Europäischen Union erlassen wurde, eingetragen und in einem Chip einprogrammiert wird, ob das Pferd „für den menschlichen Verzehr geeignet“ sein soll oder nicht.


Eine solche Entscheidung hat für das Pferd und sein weiteres Leben dramatische Folgen. Wenn ein Pferd für den Schlachter bestimmt ist und krank wird, ist die tierärztliche Behandlung sehr eingeschränkt und das Pferd darf dann bestimmte Schmerzmittel und andere Medikamente nicht verabreicht bekommen, über die genau Buch geführt werden müssen. Wird das Pferd eingeschläfert, holt der Abdecker den Kadaver in einem LKW und bringt ihn in die Tierkörperverwertungsanstalt. Aus den Kadavern wird Fett und dem Rest Pflanzendünger gemacht. Nachdem inzwischen auf dem Fleischmarkt aber immer mehr Pferdefleisch angeboten wird, ist davon auszugehen, dass viele Pferde inzwischen als Nutztiere in der EU gehalten werden, um anschließend geschlachtet zu werden.


Laut Tierärztliche Vereinigung Dr. Andreas Fransky benötigen Pferde freie Bewegung wie sie es wollen, auch im entspannten Schritt und müssen die Möglichkeit haben, sich Wälzen oder Buckeln zu können. Dies seien Grundvoraussetzungen für das Wohlbefinden des Pferdes. Die Argumente die bei wertvollen Pferden meist angeführt werden, dass es zu gefährlich wäre die Pferde raus auf die Weide zu stellen und die Gefahr der Verletzung bestünde oder dass sie sich vertreten, seien nur vorgeschoben. Denn wenn Pferde regelmäßig auf die Weide kommen und Auslauf haben, würde gar nichts passieren. Ganz im Gegenteil, die Pferde seien viel gelassener und ruhiger bei der Arbeit und dies würde sich auch positiv auf die Leistung auswirken.

In den Leitlinien Tierschutz im Pferdesport  ist das Fixieren des Pferdekopfes eng vor dem Buggelenk (Rollkur/Hyperflexion) durch entsprechende Zügelhilfen bzw. mittels Hilfs- oder Korrekturzügel” verboten, die aber bis heute weiterhin als LDR stattfindet.


Bis heute gibt es in Deutschland unzählige Pferdeställe in denen Pferde gehalten werden, die nach dem bestehendem Tierschutzgesetz und den “Leitlinien Tierschutz im Pferdesport” oder nach den Voraussetzungen des FN-Siegel der deutschen Reiterlichen Vereinigung, sofort geschlossen werden müssten. Mitten in der Stadt werden Pferde ohne Koppel und Auslauf gehalten, stehen den ganzen Tag, mit Unterbrechung von ein paar Stunden, wenn sie vielleicht geritten werden,  im Stall. Privat- als auch Schulpferde, auf denen Schülern Reitunterricht gegeben wird. Aber keinen Unterricht darüber, dass ein Pferd ein höher entwickeltes intelligentes Säugetier ist, Schmerz empfindet, wie es aufgesattelt, gepflegt, gehalten werden muss und vor allem, wie empfindlich ein Pferdemaul ist.


Über die empfindlichste Stelle des Pferdes – gelang es dem Menschen Macht über das Pferd, das zwischen 300 und 600 kg wiegt, zu bekommen und dieses mit Hilfsmitteln, wie Kandarre, Zügeln, Hilfszügel, Sporen, Gerte, Ausbinder und LDR, zu unterdrücken, gefügig zu machen und zu foltern – sein empfindliches Maul.


Die meisten Pferde sind bis heute Sportgeräte, Statussymbole – passend zum Autofuhrpark und Gucci Tasche und werden ebenso entsorgt, wenn man sie nicht mehr braucht.


Über eine Million Pferde werden in Deutschland gehalten, vorrangig für die Freizeitreiterei, den Pferdesport und als Hobby und Freizeitgefährte.

 

Astrid Ebenhoch ist Journalistin und Gründerin von Hounds & People

 

http://www.houndsandpeople.com/de/magazin/wissen/pferden-ergeht-es-wie-hunden-und-nutztieren/

 


 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Nicole Serafini (Samstag, 04 Februar 2017 22:04)


    I relish, cause I discovered exactly what I used to be having a look for. You have ended my four day lengthy hunt! God Bless you man. Have a great day. Bye

  • #2

    Kimberli Santo (Dienstag, 07 Februar 2017 07:45)


    I was recommended this website by my cousin. I am no longer sure whether this submit is written through him as no one else understand such designated about my difficulty. You're incredible! Thank you!